Land Rover Defender und Ineos Grenadier wollen beide den 2016 eingestellten Defender beerben. Wessen Konzept kann im Vergleich mehr überzeugen? Wir lassen die beiden Geländewagen im Faktencheck gegeneinander antreten!
Schon das Design von Land Rover Defender und Ineos Grenadier zeigt, dass man auf unterschiedlichen Wegen zum gleichen Ziel gelangen will: den legendären Defender zu beerben. Fangen wir im Vergleich der Fakten mit dem an, der in der offiziellen Ahnengalerie ab 2019 auftaucht. Die Neuauflage des Defender hat mit ihrem Vorgänger fast nur noch den Namen gemeinsam. Zwar zitiert das Design an vielen Stellen den 68 Jahre lang gebauten Vorgänger, doch insgesamt wirkt der neue Defender deutlich moderner, fast schon futuristisch. Die bullige Front lässt den Urahn im Vergleich zierlich wirken. Kein Wunder: Ganze 20 Zentimeter mehr Breite belegen das Größenwachstum. Modernste LED-Lichttechnik deutet an, dass sich auch unter dem elegant geformten Blech einiges getan hat. Der Leiterrahmen als jahrzehntelanges Nonplusultra im Geländewagenbau hat ausgedient. Die robusten Starrachsen wichen Einzelradaufhängungen und auch Blattfedern findet man an der Neuauflage nicht mehr. Land Rover setzt also auf ein vollkommen neues Konzept: Die Karosserie in Monocoque-Bauweise soll ebenfalls robust sein und das neue Fahrwerk mit Luftfederung on- und offroad seine Kompetenz beweisen können. Während der Vorgänger nur missmutig befestigte Straßen unter die Räder nahm, stellt ihn die Neuauflage hier eindeutig in den Schatten. Den neuen Anspruch des Land Rover Defender kann man auch an der Motorenpalette festmachen: Unter 200 PS geht nichts mehr. Das vorläufige, 400 PS starke Topmodell P400 ist zudem mit Mildhybrid-Technik ausgestattet. Leistungswerte, die sich deutlich vom zuletzt 122 PS starken Vorgänger differenzieren. Und wie startet der Ineos Grenadier in diesen Faktencheck?
Der Land Rover Defender im Video:
Land Rover Defender & Ineos Grenadier im Vergleich
Zunächst einmal muss man festhalten, dass der Ineos Grenadier als Prototyp zum Faktencheck antritt. Im Vergleich zum neuen Land Rover Defender sucht er mehr optische Nähe zum Ur-Defender. Kein Wunder, war doch dessen Einstellungen der Startschuss zum Grenadier-Projekt. Der angeblich reichste Mann Englands, Ineos-Chef James Ratcliffe, wollte die Einstellung der 4x4-Ikone nicht hinnehmen und die Defender-Fertigung fortführen. Doch Land Rover machte den Plänen kurzerhand einen Strich durch die Rechnung, weshalb Ratcliffe die Eigenentwicklung vorantrieb. Das Ergebnis erinnert nicht nur im Design stark an den alten Defender, sondern fällt auch konzeptionell ganz ähnlich aus. Leiterrahmen und Starrachsen bilden die robuste Basis für den modernen Geländewagen alter Schule. Auch die Abmessungen liegen auf dem Niveau des alten Defender 110. Doch um nicht komplett bei Null anfangen zu müssen, holte man sich Experten ins Team. Magna, die in Graz die G-Klasse fertigen, gehört ebenso dazu wie Carraro, die die Achsen für den Grenadier liefern. Zu weiteren technischen Details hält sich die junge Marke noch zurück. Motorenseitig nutzt man das Know-how der Bayerischen Motorenwerke: BMW liefert 3,0-Liter-Sechszylinder-Benzin- und -Dieselaggregate. Jetzt wird spätestens klar, dass sich auch der Grenadier vom Ur-Defender emanzipieren wird. Den Kraftschluss übernimmt eine Achtstufen-Automatik von ZF. Ist also die Kombination aus klassischem Geländewagen-Aufbau und modernen Motoren der Schlüssel um diesen Faktencheck für sich zu entscheiden?
Faktencheck: Ineos Grenadier als Land Rover-Defender-Nachfolger?
Nun, eigentlich ist es für einen Faktencheck noch zu früh, da sich der Ineos Grenadier noch mitten im Entwicklungsprozess befindet. Doch eines ist jetzt schon klar: Der Herausforderer des neuen Land Rover Defender setzt auf geballte Offroad-Kompetenz und orientiert sich bei der Konstruktion stark am alten Defender. Dessen Geländeeigenschaften sind legendär und werden auch von der offiziellen Neuauflage nur mit Mühe erreicht. Diese setzt neben neuen Komponenten auf intelligente Software, die die konstruktionsbedingten Nachteile ausgleichen soll. Zum Vergleich: Die Bodenfreiheit ist dank der Luftfederung variabel und beträgt zwischen 218 und 293 Millimeter. Der Vorgänger hatte hier 249 Millimeter zu bieten – hier allerdings nur am nierdrigsten Punkt unter dem Hinterachsdifferential. Unter dem Fahrzeug selbst war es nochmal deutlich luftiger. Bei der Wattiefe hingegen schlägt die Neuauflage den Vorfahren mit 900 zu 500 Millimetern. Rampen- (30 zu 22-28 Grad) und Böschungswinkel (49/36 zu 30-38/38-40) fallen beim Oldie und vermutlich auch beim Ineos besser aus. Ein sperrbares Verteilergetriebe haben beide Land Rover Defender und mutmaßlich auch der Ineos Grenadier an Bord. Es dürfte also ein langes Rennen abseits der Straße werden, bis klar wird, wer tatsächlich am weitesten kommt. Einzig auf der Straße wird der neue Defender nur schwer zu schlagen sein.
Moderner Land Rover Defender oder klassischer Ineos Grenadier?
Möglicherweise schlägt der Ineos Grenadier dem modernen Land Rover Defender an der Kasse ein Schnippchen. Wir bleiben allerdings im Konjunktiv, da der Preis des Grenadier noch nicht feststeht. Will man hier punkten, muss man die 48.447 Euro (Stand: August 2020) unterbieten, die Land Rover für den dreitürigen Defender mindestens aufruft. Der mit dem Ineos vergleichbare Fünftürer hat einen Grundpreis von 54.198 Euro (Stand: August 2020). Zahlreiche Optionen und Pakete treiben den Preis allerdings schnell in dreistellige Bereiche. Bestätigen sich die Gerüchte, könnte der Ineos Grenadier hier mit rund 34.000 Euro ordentlich punkten.
Fans des Land Rover Defender können aufatmen: Sowohl der moderne Nachfolger als auch der Ineos Grenadier huldigem dem Original und dürften beide dafür sorgen, dass der Defender-Geist auch in Zukunft um sich greift. Land Rover baut nun einen perfekten Allrounder, Ineos bietet ab Ende 2021 die klassischere Alternative für Traditionalisten. Offroad-Herz, was willst du mehr?
August 26, 2020 at 02:30PM
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