Auf den Bildern sieht er aus, als hätte man ihn irgendwo schon mal auf einem Feldweg gesehen: ein einfacher, aber wohlproportionierter Geländewagen mit kreisrunden Scheinwerfern und einem wuchtigen schwarzen Kühlergrill. Kürzlich hatte der Grenadier seinen ersten öffentlichen Auftritt beim Concours of Elegance im Londoner Hamptons Court Palace, eingereiht zwischen historischen Vorbildern – einer Mercedes G-Klasse aus dem Jahr 1988, einem Toyota Land Cruiser von 1980, einem Jeep Willys aus Weltkriegszeiten und dem ältesten erhaltenen Land Rover aus der ersten Produktionsserie.
Hinter dem kantigen Prototyp – die Scheiben sind verklebt, weil es drinnen noch nicht viel zu sehen gibt – steht der ebenso abenteuerlustige wie öffentlichkeitsscheue Milliardär Jim Ratcliffe, Vorstandsvorsitzender des Petrochemie-Konglomerats Ineos. Die Präsentation zwischen vier Geländewagen-Dinosauriern aus seiner Privatsammlung war ein klares Statement: Mit dem Grenadier will Ratcliffe eine Marktnische füllen, die sich in den letzten Jahren aufgetan hat. Während der SUV-Markt boomt, sind schnörkellose Offroad-Vehikel selten geworden. Die G-Klasse hat sich zum überzüchteten Lifestylemobil für Rapper und Kunstsammler entwickelt.
Jüngst gab der Hersteller eine Kooperation mit dem Designerwunderkind Virgil Abloh bekannt, der einer Sonderedition des Wagens seinen Stempel aufgedrückt hat. Der neue Defender, den Land Rover im vergangenen Herbst vorgestellt hat, gleicht einem wasserdichten Smartphone mit Allradantrieb. Die Wagen ist gespickt mit Technik, auch die elementaren Geländefunktionen werden digital gesteuert, was in den Augen vieler Offroad-Puristen die Pannenanfälligkeit erhöht. Den Vorläufer konnte man nach ihrer Auffassung noch mit dem Hammer reparieren, wenn man in der Savanne gestrandet war.
Ratcliffe war offenbar sehr traurig darüber, dass die Produktion des alten Defender im Januar 2016 eingestellt wurde, nachdem der Wagen 68 Jahre lang fast unverändert gebaut worden war. Als der Unternehmer ankündigte, die Traditionslinie fortschreiben zu wollen, hat man ihn belächelt.
Doch er meinte es ernst und ließ sich auch nicht davon abbringen, als Land Rover sich weigerte, die alten Produktionslinien an ihn abzutreten. Ratcliffe investierte eine Milliarde Pfund und gründete den Ableger Ineos Automotive. Als Chefdesigner verpflichtete er Toby Ecuyer, der bereits mehrere Superyachten für ihn entworfen hatte. Und Ratcliffes Tour-de-France-Team heißt jetzt Ineos Grenadier.
Wir haben uns auch Traktoren und Unimogs angeschaut
Auch wenn der Wagen eine auffällige Ähnlichkeit mit dem alten Defender hat (eine Plagiatsklage von Jaguar Land Rover wurde im August abgewiesen), betont Chefdesigner Ecuyer, dass es sich um eine eigenständige Entwicklung handele. Die Inspirationen seien vielfältig. „Wir haben uns auch Traktoren und Unimogs angeschaut“, sagte er gegenüber einer britischen Autozeitschrift.
Der militärisch anmutende Name klingt ebenfalls nach einer deutlichen Anlehnung an den Defender, bezieht sich aber laut Auskunft von Dirk Heilmann, dem Geschäftsführer von Ineos Automotive, auf den gleichnamigen Pub im Londoner Nobelbezirk Belgravia, in dem die erste Skizze des Wagens auf einem Bierdeckel entstanden sein soll.
Der Grenadier soll in einem neuen Werk in Wales montiert werden. Das Chassis entsteht in Portugal, die Achsen kommen von einem Nutzfahrzeugspezialisten aus Italien und die Motoren liefert BMW. Es handelt sich um Sechszylinder-Diesel und -Benziner, wie sie auch im BMW X5 zum Einsatz kommen. Der Aufwand würde sich schon lohnen, wenn es Ineos Automotive gelänge, um die 30.000 Fahrzeuge im Jahr zu verkaufen. Nach Unternehmensangaben gibt es bereits 17.000 Vorbestellungen.
Bis der Grenadier Ende nächsten Jahres auf den Markt kommt, muss er sich allerdings noch im Einsatz bewähren. Bei Erprobungsfahrten sollen Prototypen in den kommenden Monaten über eine Million Kilometer zurücklegen – vorwiegend durch unwegsames Gelände, versteht sich.
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September 15, 2020 at 11:39AM
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